Grundstück als Vermächtnis – was Ärzte im Berufsrecht beachten müssen
Der Bundesgerichtshof (BGH, NJW-Spezial 17/2025, S. 519 ff.) hat sich jüngst mit der Frage befasst, ob ein Arzt wirksam durch ein Vermächtnis seines Patienten – im konkreten Fall ging es um ein Grundstück – bedacht werden kann. Die Entscheidung hat für Ärzte erhebliche praktische Relevanz, da sie die Schnittstelle zwischen Testierfreiheit des Patienten und dem berufsrechtlichen Annahmeverbot des § 32 Abs. 1 BO-Ä betrifft.
Nach der Berufsordnung ist es Ärzten untersagt, Geschenke oder andere Vorteile für ihre ärztliche Tätigkeit anzunehmen, wenn diese über ein sozialübliches Maß hinausgehen. Diese Vorschrift dient dem Schutz der Integrität des Arzt-Patienten-Verhältnisses und soll den Eindruck vermeiden, dass ärztliche Entscheidungen durch materielle Zuwendungen beeinflusst werden. Zugleich steht dem jedoch das Recht des Patienten gegenüber, über sein Vermögen nach eigenem Willen zu verfügen und auch seinen behandelnden Arzt testamentarisch zu bedenken.
Der BGH hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass der Adressat des Verbots allein der Arzt ist, nicht aber der Patient. Das bedeutet: Der Patient bleibt in seiner Testierfreiheit grundsätzlich unbeschränkt. Ein Vermächtnis zugunsten des Arztes ist daher nicht automatisch unwirksam. Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an. Problematisch wird es nur dann, wenn die Zuwendung nach ihrem Sinn und Zweck als eine Gegenleistung für ärztliche Behandlung oder Betreuung erscheint. In diesem Fall kann die Annahme nicht nur berufsrechtlich untersagt, sondern auch zivilrechtlich nach § 134 BGB unwirksam sein.
Für Ärzte bedeutet dies eine rechtlich sensible Lage. Sie dürfen Zuwendungen weder einfordern noch durch subtile Einflussnahme herbeiführen. Selbst der bloße Anschein, dass ein Testament auf ärztlichen Druck oder in Erwartung besonderer Vorteile zustande gekommen ist, kann Zweifel an der Wirksamkeit wecken. Vor allem in Konstellationen, in denen ein Arzt zusätzlich in die Pflege oder Betreuung eingebunden ist, sind die Grenzen besonders eng gezogen.
In der Praxis gilt daher: Ärzte sollten bei überraschenden testamentarischen Zuwendungen Zurückhaltung üben. Die Annahme eines Grundstücks, aber auch anderer erheblicher Vermögenswerte, kann mit berufsrechtlichen Risiken verbunden sein. Disziplinarische Maßnahmen durch die Ärztekammer sind ebenso denkbar wie die nachträgliche Anfechtung des Testaments durch Angehörige oder Insolvenzverwalter. Umgekehrt dürfen Ärzte aber auch darauf vertrauen, dass eine rein aus Dankbarkeit erfolgte, nicht von ihnen beeinflusste Verfügung grundsätzlich Bestand haben kann.
Die Entscheidung des BGH verdeutlicht, dass sich die Grenze nicht in einem abstrakten Wert bemisst, sondern im Charakter der Zuwendung. Während kleine Geschenke im Rahmen einer sozialen Beziehung unproblematisch sein können, bleibt bei größeren Vermögensübertragungen stets die Frage nach dem Zusammenhang mit der ärztlichen Tätigkeit. Für Ärzte empfiehlt sich daher dringend, im Zweifel rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen, bevor ein Vermächtnis angenommen wird.
Auskünfte erteilt Ihnen dazu der Fachanwalt für Medizinrecht Frank J. Schäker.