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Aufenthaltsbestimmungsrecht – Wegzug ohne Zustimmung

(Leitsätze lt. FamRZ 2023, 702)

OLG Stuttgart, Beschluss vom 10.02.2023 – 15 UF 267/22

Leitsatz:

1. Zur Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht im Wege der einstweiligen Anordnung, wenn ein Elternteil ohne Zustimmung des Mitsorgeberechtigten mit den Kindern von Süddeutschland in ein Frauenhaus in Norddeutschland gezogen ist. 

2. Auch wenn der Umzug bereits vollzogen wurde, stellt dies die tatsächliche Ausgangslage für die Beurteilung des Kindeswohls und für die Abwägung der beiderseitigen Elternrechte darf. Die Möglichkeit einer Rückkehr des umgezogenen Elternteils kommt als tatsächliche Alternative ebenso wenig in Betracht wie der Nachzug des anderen Elternteils, selbst wenn ein ständiger Aufenthaltsort der Eltern in räumlicher Nähe zueinander dem Kindeswohl am besten entspräche. 

3. Auch bei einem widerrechtlichen Umzug ist die Entscheidung nicht an einer Sanktion des Fehlverhaltens eines Elternteils, sondern vorrangig am Kindeswohl zu orientieren (Anschluss BVerfG, FamRZ 2009, 189). Eine eigenmächtige Trennung des Kindes vom anderen Elternteil kann aber insoweit Berücksichtigung finden, als sie Rückschlüsse auf eine konkrete Einschränkung der Erziehungsfähigkeit zulässt (vgl. OLG Nürnberg, FamRZ 2013, 1588). 

Anmerkung:

Das Oberlandesgericht stellt in seiner Entscheidung klar, dass in der vorzunehmenden Abwägung in der Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht das unerlaubte Verbringen der Kinder durch die Kindesmutter einfließt, sondern sich diese Abwägung am „Kindeswohl“ ausrichtet. Dies ist selbstverständlich zutreffend, da Sorgerechtsentscheidungen nicht der Sanktionierung von elterlichen Fehlverhalten dienen, gleichwohl darf diese Entscheidung nicht als Freischein für den Erfolg rechtswidrigen Verhaltens verstanden werden. Im Beratungsmandat wird der Sachverhalt sauber herauszuarbeiten sein, ob der Mandantschaft ein eigenmächtiger Wegzug mit den Kindern angeraten werden kann, der im Widerspruch zur gemeinsamen elterlichen Sorge steht, statt den rechtsstaatlichen Weg einzuhalten.