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Die Akteneinsicht bei Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr

Nach einem Rotlichtverstoß, einer Geschwindigkeitsüberschreitung oder ähnlichen Verkehrsordnungswidrigkeiten, welche mittels technischer Geräte festgestellt werden, stellt sich oftmals die Frage nach dem weiteren Vorgehen und ob sich ein Einspruch lohnt. Die Akteneinsicht bei Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr ist ein erster Schritt zur Beantwortung dieser Frage – denn die Messung durch technische Geräte ist fehleranfällig.

Bei der Akteneinsicht gilt es – neben der Zwei-Wochen-Frist für den Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid – verschiedene Details zu beachten. Die Wesentlichen sollen im Folgenden kurz dargestellt werden. Der Verteidiger in Straßenverkehrsangelegenheiten kennt diese Details und verfügt über weiterführende Informationsquellen.

Wesentliche Informationen bei der Akteneinsicht

  • Das konkrete Messgerät ist aller Wahrscheinlichkeit nach in der Akte benannt. Da im Straßenverkehr eine Vielzahl von Techniken – etwa Radaranlagen („Blitzer“), Lasergeschwindigkeitsmessanlagen, Lichtschrankenmessgeräte und Induktionsmessung – zum Einsatz kommen, ist auch das Spektrum möglicher Einsatzgeräte breit gefächert. Zu nennen sind hier beispielsweise die TraffiStar-Serie oder aber die LEIVTEC XV-Geräte. Die genaue Bezeichnung des Messgerätes ist essentiell, um den konkreten Geräteeinsatz nachzuvollziehen und mögliche Fehlerquellen auszumachen. Die bloße Kenntnis des Messgerätes erlaubt es bereits, bekannte gerätetypische Fehlerquellen zu prüfen. 
  • Ein gültiger Eichschein könnte sich bereits in der Akte befinden. Anderenfalls müsste eine weitere Einsichtnahme beantragt oder bereits im Vorfeld angegeben werden, dass die Vorlage eines Eichscheins bei Akteneinsicht begehrt wird. Dem Schein sollte auch zu entnehmen sein, ob die Eichfristen eingehalten wurden. Auch für die Sensoren am Gerät müsste es Prüf- und Eichunterlagen geben.
  • Ebenfalls hilfreich sind Angaben der messenden Behörde, ob/inwieweit an dem betreffenden Messgerät Reparaturen vorgenommen wurden. Gegebenenfalls ist auch – soweit vorhanden – die sog. „Lebensakte“ des Gerätes anzufordern.
  • Auch ein Messprotokoll ist für die Prüfung der Messung erforderlich. 
  • Nachweise über die Schulung/Unterweisung des Messbeamten sowie eine Beschilderungsskizze könnten sich ebenfalls in der Akte befinden. Sofern ein Messbeamter tätig war, müsste geprüft werden, inwiefern dieser die konkrete Gebrauchsanleitung für das Messgerät kannte und ob weitere personenbedingte Fehler aufgetreten sein könnten. Da die Bedienungsanleitung generellen Aufschluss über das Gerät geben kann, empfiehlt es sich, auch diese anzufordern oder ggf. anderweitig zu beschaffen.
  • Es wäre auch zu prüfen, ob Probleme hinsichtlich der Konformitätserklärung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) bekannt sind und ob das Gerät in der konkret gegebenen Bauausführung zugelassen ist bzw. eine Konformitätserklärung existiert. Daneben wäre zu untersuchen, ob es seit der letzten Zulassung durch die PTB Modifikationen am Systemaufbau gab.
  • Neben der reinen Technik des Gerätes wäre auch die Software, die bei dem Gerät zum Einsatz kam, auf mögliche Fehlerquellen zu überprüfen. Dementsprechend ist die Akte auch auf einen Hinweis über die eingesetzte Software hin zu untersuchen.
  • Besonderheiten der Örtlichkeiten und des konkreten Geschehens sind zu beleuchten – etwa, ob es aufgrund der Verkehrslage Hinweise auf Reflexionen gab. Daneben sind die Witterungsbedingungen zu berücksichtigen.
  • Foto- oder Videoaufnahmen über den Vorgang geben Aufschluss über die konkrete Messung – so beispielsweise, ob das Gerät korrekt installiert und kalibriert war. Auch ist hinsichtlich der Qualität von Foto- oder Videoaufnahmen ggf. zu hinterfragen, ob/inwieweit hierdurch der Täter eindeutig identifiziert werden kann.

Im Ergebnis gibt es keine allgemeingültige Aussage dahingehend, welche der genannten Dokumente im konkreten Fall erforderlich sind und welche die Akte im Regelfall enthält. Unter Umständen ist es erforderlich, Unterlagen separat zu erbitten. Im ungünstigsten Fall lässt sich der Akte lediglich eine Information über das konkret zum Einsatz gebrachte Messgerät entnehmen. Ob nach Auswertung der Akte ein weiteres Vorgehen erfolgversprechend erscheint, ist stets nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen.

Bei Fragen in verkehrsrechtlichen Angelegenheiten steht Ihnen Rechtsanwältin Patricia Helm zur Seite.