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Patricia Helm Rechtsanwältin Verkehrsrecht Fahrerlaubnis und Führerschein

Fahrtenbuchauflage und Zeugnisverweigerungsrecht

Ob Blitzer, Rotlichtverstoß oder Abstandsmessung: Kurz nach einem Verkehrsverstoß erhält der Fahrzeughalter in der Regel Post von der Bußgeldstelle. Es handelt sich zumeist um einen Anhörungsbogen, in dem anzugeben ist, wer zum Tatzeitpunkt gefahren ist. Erkennt man auf dem beiliegenden Foto einen nahen Angehörigen, stellt sich schnell die Frage: Muss ich ein enges Familienmitglied namentlich benennen? Die Antwort lautet nein. Mit der Anordnung einer Fahrtenbuchauflage ist dennoch zu rechnen.

Zeugnisverweigerungsrecht

Der Fahrzeughalter ist für sein Fahrzeug verantwortlich. Wird mit seinem Fahrzeug ein Verkehrsverstoß begangen, so ist davon auszugehen, dass er den Verantwortlichen benennen kann. Grundsätzlich trifft ihn daher eine Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung und Verfolgung von Verkehrsverstößen, die mit seinem KfZ begangen wurden. Begrenzt wird diese Pflicht durch ein Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht.

Ein Aussageverweigerungsrecht steht dem Halter dann zu, wenn der selbst den Verstoß begangen hat – er muss sich nicht selbst belasten. Ein Zeugnisverweigerungsrecht hat der Halter, wenn ein naher Angehöriger verkehrsrechtswidrig gehandelt hat. Zu den nahen Angehörigen zählen insbesondere Ehegatten, Lebenspartner, Kinder, Enkel, Urenkel, Eltern, Großeltern und Urgroßeltern. Auch Verlobten, Geschwistern, Nichten und Neffen steht ein Zeugnisverweigerungsrecht zu, ebenso wie miteinander verschwägerten Personen. Einzelheiten regelt § 52 Strafprozessordnung (StPO), welcher auch im Ordnungswidrigkeitsverfahren gilt. Besteht ein solches Recht, muss der Halter keine Angaben zum Fahrzeugführer machen; er muss den Bogen nicht einmal zurückschicken.

Anordnung einer Fahrtenbuchauflage zulässig

Der weit überwiegende Teil der Gerichte ist der Auffassung, dass auch bei einem bestehenden Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage zulässig ist. Es gäbe 

„kein ‚doppeltes Recht‘ des Fahrzeughalters, nach einem Verkehrsverstoß einerseits im Bußgeldverfahren die Aussage [oder das Zeugnis] zu verweigern und zugleich trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben.“     

  (so u.,a. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 02.02.2020, 3 M 16/20)

Was sich zunächst nach einem Widerspruch anhört, lässt sich mit dem Sinn und Zweck der Fahrtenbuchauflage einerseits und jenem des Aussage-/ Zeugnisverweigerungsrecht andererseits erklären:

  • Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage dient der Gefahrenabwehr. Ziel ist es, die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs zu gewährleisten, indem Verantwortliche für Verkehrsverstöße zügiger ermittelt werden können. Im Zentrum steht der Schutz der Allgemeinheit auch vor künftigen Taten.
  • Das Zeugnis- und Aussageverweigerungsrecht hat eine gänzlich andere Schutzrichtung. Es bezweckt den Schutz des Einzelnen bzw. eines ihm nahestehenden Personenkreises im konkreten Verfahren. Die Möglichkeit, von diesem Recht Gebrauch zu machen, bleibt gewahrt.

Im Ergebnis ist es mithin zumutbar, zur Abwehr von (künftigen) Gefahren auch demjenigen das Führen eines Fahrtenbuches aufzuerlegen, der von seinem Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht. Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage kommt bereits bei einem erst- oder einmaligen Verkehrsverstoß von erheblichem Gewicht in Betracht.

In verkehrsrechtlichen Angelegenheiten berät und vertritt Sie Rechtsanwältin Patricia Helm kompetent und zuverlässig.