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Das Handy im Straßenverkehr

Das Thema „Handy im Straßenverkehr“ ist ein Dauerthema. Darüber, was für Autofahrer zu beachten ist, berichteten wir bereits hier. Doch auch für Fußgänger kann es schwere Konsequenzen haben, wenn der Blick auf das Handy vom Straßenverkehr ablenkt. Wie im Fall einer 15-jährigen Fußgängerin, die trotz erheblicher Verletzungen infolge einer Kollision mit einem Bus kein Schmerzensgeld erhielt. Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) hat damit ein Urteil des Landgerichts (LG) Neuruppin bestätigt, welches ein vollständiges Zurücktreten der Betriebsgefahr des Busses angenommen hatte. Die Entscheidung wurde mit dem erheblichen Mitverschulden der Klägerin begründet. Die verschuldensunabhängige Betriebsgefahr (Stichwort: Halterhaftung) trete vollständig dahinter zurück. Dem Busfahrer war kein Verschulden nachzuweisen. Für das Gericht stand nach der Beweisaufnahme fest, dass die Klägerin die Fahrbahn ohne Beachtung des Fahrzeugverkehrs zu überqueren suchte – sie war abgelenkt durch ihr Handy.

Kein Schmerzensgeld nach Verkehrsunfall einer Fußgängerin mit einem Linienbus – vollständiges Zurücktreten der Betriebsgefahr im Einzelfall

Zum Sachverhalt:

Die Klage richtete sich sowohl gegen die Halterin des Linienbusses als auch gegen den Busfahrer. Dieser befuhr mit zulässiger Geschwindigkeit eine Straße mit einem Seitenabstand von etwa 1 m zum rechten Fahrbahnrand. Auf dieser Seite war die Klägerin als Fußgängerin unterwegs, bevor sie zwischen zwei geparkten PKW vor dem Bus auf die Straße lief. Sie wurde von dessen vorderer rechter Seite erfasst und über ein geparktes Fahrzeug an den rechten Straßenrand geschleudert, wobei sie sich erhebliche innere und äußere Verletzungen zuzog. Vor der Kollision hatte der beklagte Fahrer nicht abgebremst, da er die Klägerin nicht wahrgenommen hatte.

Das LG hat zunächst ausgeführt, dass grundsätzlich der Fahrzeughalter verschuldensunabhängig aus Gefährdungshaftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG haftet. Der Fahrzeugführer haftet im Allgemeinen nach §§ 18 Abs. 1, 7 Abs. 1 StVG aus vermutetem Verschulden. 

§ 7 Abs. 1 StVG stellt ab auf die sog. „Betriebsgefahr“ eines Kraftfahrzeugs. Diese ist regelmäßig dadurch gegeben, dass von dem Fahrzeug, sobald es im öffentlichen Straßenverkehr wirkt, eine abstrakte Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer ausgeht, für die der Halter unabhängig davon haften muss, ob ihn ein Verschulden an dem Geschehen trifft oder nicht – entscheidend ist allein das Fahrzeug als Gefahrenquelle. Nur in Ausnahmefällen tritt diese Gefahr vollständig hinter den Verursachungsbeitrag anderer Unfallbeteiligter zurück. Vorliegend wiege indes das Mitverschulden der Fußgängerin so schwer, dass das LG im Einzelfall ein vollständiges Zurücktreten sowohl der Halterhaftung als auch der Haftung des Fahrers annahm.

Dem Busfahrer könne ein Sorgfaltspflichtverstoß nicht nachgewiesen werden – so hatte eine Zeugin ausgesagt, dass die Klägerin der Sicht des Fahrers dadurch entzogen gewesen sei, dass sie durch einen Baum am Straßenrand verdeckt wurde. Das LG führt zudem an:

„[N]ach den Angaben der Zeugin gab es praktisch keine Zeit, auf die Klägerin überhaupt zu reagieren. Ein Sorgfaltspflichtverstoß kann demgegenüber jedoch nur angenommen werden, wenn der Beklagte die Klägerin früher hätte wahrnehmen und entsprechende Ausweich- oder Bremsmanöver zur Abwendung eines Unfalls hätte vornehmen können. […] Auch wenn dies nicht ausgeschlossen werden kann, so ist das Gericht nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass der Beklagte auf die Klägerin noch unfallverhütend hätte reagieren können.“

Was bleibt, sei der gravierende Verstoß der Klägerin gegen § 25 Abs. 3 StVO. Hierzu das LG:

„Ein Fußgänger darf die Fahrbahn jedoch nur betreten, wenn er sich zuvor vergewissert hat, dass er keinem Fahrzeug in den Weg tritt […]. Er hat vor dem Betreten und Überschreiten der Fahrbahn besondere Vorsicht walten zu lassen. […] 

[D]ie Klägerin [hatte] vor dem Betreten der Fahrbahn überhaupt nicht auf den Bus geachtet, sondern nach unten geschaut […].“

Ergänzend führt das OLG an:

„Es steht für den Senat außer Zweifel, dass ein junger Mensch im Alter von 15 Jahren ohne weiteres über die erforderliche Einsicht verfügt, die Verantwortlichkeit für ein fahrlässig-fehlerhaftes Verhalten im Straßenverkehr zu erkennen.“

In verkehrsrechtlichen Angelegenheiten berät Sie Rechtsanwältin Patricia Helm.