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Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie

Am 27. März 2020 wurde im Bundesgesetzblatt das neue „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz-und Strafverfahrensrecht“ verkündet. Über das Vorhaben hatten wir bereits hier berichtet. Das Gesetz enthält neben Regelungen zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und Anpassungen im Bereich des Verbraucherdarlehensvertrages auch Änderungen auf den Gebieten des WEG- und Mietrechts.

Regelung für Wohnungseigentümergemeinschaften

Art. 2 der Neuregelung normiert ein „Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie.“ Dieses Gesetz tritt am 28. März 2020 in Kraft und tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2021 außer Kraft (Art. 6 Abs. 2). Die konkrete Regelung für Wohnungseigentümergemeinschaften findet sich in § 6. Dort heißt es:

„(1) Der zuletzt bestellte Verwalter im Sinne des Wohnungseigentümergesetzes bleibt bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt.

(2) Der zuletzt von den Wohnungseigentümern beschlossene Wirtschaftsplan gilt bis zum Beschluss eines neuen Wirtschaftsplans.“

Hiermit soll einem Problem begegnet werden, mit dem sich derzeit zahlreiche Wohnungseigentümergemeinschaften konfrontiert sehen dürften: Aufgrund der Kontaktbeschränkungen sind Wohnungseigentümerversammlungen nicht möglich, obgleich sie nach dem WEG turnusmäßig erforderlich wären. Dies kann im Einzelfall schwerwiegende Folgen haben:

  • Da ein Verwalter nicht rückwirkend bestellt werden kann, und gleichzeitig § 26 WEG eine Höchstdauer für die Verwalterbestellung vorsieht, ist denkbar, dass zeitweise kein ordnungsgemäß bestellter WEG-Verwalter vorhanden ist. § 6 Abs. 1 der Neuregelung verhindert dies.
  • Der Planungszeitraum des Wirtschaftsplans entspricht im Regelfall dem jeweiligen Kalenderjahr. Das bedeutet zugleich, dass die Wohnungseigentümer mit dem Ende dieses Zeitraums nicht mehr zu Hausgeldzahlungen verpflichtet sind, § 28 Abs. 2 WEG. Um hierdurch entstehende potentielle Finanzierungslücken zu verhindern, ist ein neuerlicher Beschluss der Wohnungseigentümer erforderlich – entweder über die Fortgeltung des bisherigen Wirtschaftsplans oder über einen neuen Wirtschaftsplan. Sofern dieser Fortgeltungsbeschluss aufgrund der Pandemie nicht gefasst werden konnte, hilft § 6 Abs. 2 der Neuregelung über diese Problematik hinweg.

Beschränkung der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen

Art. 5 normiert einen neuen § 240 des Einführungsgesetzes zum bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). § 2 der Neuerung sieht eine Beschränkung der Kündigung von Miet-und Pachtverhältnissen vor. Der Normtext lautet wie folgt:

„(1) Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt.

 (2) Von Absatz 1 kann nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden.

 (3) Die Absätze 1 und 2 sind auf Pachtverhältnisse entsprechend anzuwenden.

 (4) Die Absätze 1 bis 3 sind nur bis zum 30. Juni 2022 anzuwenden.“

In zeitlicher Hinsicht gilt Folgendes:

  • Die Neuregelung tritt am 1. April 2020 in Kraft und am 30.September 2022 außer Kraft. 
  • Erfasst sind zunächst Zahlungsausfälle aus dem Zeitraum 1. April 2020 bis 30. Juni 2020. Die Bundesregierung ist ermächtigt, diesen Zeitraum bis zum 30. September 2020 auszuweiten, sofern Sie dies für erforderlich erachtet.
  • Die aufgrund der Pandemie ausgefallenen Zahlungen sind vom Mieter spätestens bis zum 30. Juni 2022 nachzuzahlen. Geschieht dies nicht, so darf der Vermieter dann wegen der Zahlungsrückstände kündigen.

Zu beachten ist, dass die Neuregelung ausschließlich Kündigungen wegen Zahlungsverzuges erfasst. Die anderen gesetzlichen Kündigungsgründe gelten fort. Kern der Gesetzesanpassung ist, dass Mieter ihre Wohnung/Gewerberäume nicht verlieren sollen, weil sie aufgrund der Corona-Pandemie in Zahlungsverzug geraten. Bislang sah das Gesetz vor, dass der Vermieter fristlos kündigen durfte, wenn an zwei aufeinanderfolgenden Terminen keine Mietzahlung erfolgte. Für viele Mieter, die aufgrund der Pandemie in eine finanzielle Notlage geraten, wäre dies eine katastrophale Folge, der nunmehr auf Gesetzesebene begegnet wurde. Gleichwohl gilt es, Folgendes zu beachten:

  • Die Neuregelung entbindet nicht von der grundsätzlichen Verpflichtung zur Zahlung der Miete.
  • Vielmehr ist der konkrete Zusammenhang zwischen Zahlungsausfall und COVID-19-Pandemie dem Vermieter glaubhaft zu machen. Dies kann beispielsweise durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers erfolgen.

In den Medien wurde bekannt, dass größere Unternehmen sich die Neuregelung zunutze machen wollen und Mietzahlungen auszusetzen gedenken. Obgleich diese Ankündigungen nun teilweise zurückgenommen wurden, zeigt sich hieran, welche Probleme in der Praxis auftreten können:

  • Was bedeutet „sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der Pandemie beruht“?
  • Welche „Auswirkungen“ sind gemeint? Und in welchem Umfang?
  • Sind Mieter zunächst verpflichtet, andere Finanzierungsquellen, beispielsweise Rücklagen, zu nutzen, bevor sie den Schutz der Neuregelung genießen?
  • Wie können Vermieter sich davor schützen, dass Schwächen der Regelung zu ihren Ungunsten ausgenutzt werden?

Von der Pandemie betroffen sind zahlreiche Mieter – einige mehr, andere weniger. Die einen verfügen über finanzielle Rücklagen, andere sehen ihre gesamte Existenz gefährdet. Einige erhalten ein geringeres Einkommen kommen aufgrund von Kurzarbeit, andere können keinerlei Einnahmen mehr generieren. Von den Auswirkungen der Pandemie betroffen sind sie alle. Das Fehlen anderweitiger Zahlungsmöglichkeiten ist jedenfalls nicht nachzuweisen – erneut: Die Regelung sieht lediglich vor, dass der Mieter den Zusammenhang zwischen Pandemie und Nichtleistung glaubhaft macht. Demnach können auch jene Mieter von der Regelung Gebrauch machen, die temporär aufgrund der Pandemie keine Einnahmen erzielen und dies nachweisen können, jedoch unabhängig davon über anderweitige finanzielle Mittel verfügen. Dies kann wiederum Vermieter, die auf die Mieteinnahmen dringend angewiesen sind, in eine finanzielle Notlage bringen. Wie soll man mit diesem Interessenkonflikt umgehen?

Es ist stets nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen, ob die Nichtleistung berechtigt ist oder bewusst Schwächen der Regelung ausgenutzt werden. Stets sollte man sich den eigentlichen Sinn und Zweck der Regelung vergegenwärtigen: Niemandem soll fristlos gekündigt werden, weil er aufgrund der Pandemie in eine finanzielle Notlage gerät. Dies unterstreicht den Ausnahmecharakter der Regelung. Es liegt nun in der praktischen Handhabung, diesem Sinn und Zweck gerecht zu werden und anhand der Einzelfallumstände zu bewerten, ob und wie die Regelung anzuwenden ist. 

Wir beraten Sie hierzu gern. Mit fundierten mietrechtlichen Kenntnissen stehen Ihnen Rechtsanwältin Patricia Helm, Rechtsanwältin Mandy Hawelka und Rechtsanwalt Frank Jörg Schäker, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, zur Seite.